Jürg Stäuble (*1948) gilt als Bildhauer, Plastiker, Objektkünstler und Zeichner. Zahlreiche Werke entstanden im öffentlichen Raum. Sein eigenständiges Schaffen entwickelte er aus der Auseinandersetzung mit der Minimal Art, der Land Art und der Konzeptkunst. In zwei- und dreidimensionalen sowie raumgreifenden Arbeiten werden geometrische Formen und Körper strukturell und repetitiv überlagert, ausgelotet und durchdrungen. Gleichwohl enthält die strenge Formalität eine sinnliche Komponente, die neben inhaltlichen auch materielle Assoziationen weckt. Stäubles subtile Eingriffe entfalten in ihrer Zurückhaltung eine grosse Wirkung.
Sagex 20, Ø 400 cm
Ort: Stausee
In der vorderen Hälfte des Lägh da l’Albigna, wo der See von einer gewaltigen Talsperre begrenzt wird, treibt ein weisses Objekt auf der Wasseroberfläche. Handelt es sich um ein Stück Treibeis vom sich zurückziehenden Albigna-Gletscher? Die strenge geometrische Form des Objekts spricht gegen eine von der Natur hervorgebrachte Masse. Es hat die Form eines Kugelsegments und lässt darüber spekulieren, ob der Körper unter Wasser seine Vollendung findet. Der sichtbare Teil kontrastiert in seiner konstruierten Ausprägung die freie Form des Sees und die alpine Landschaft, so wie es die Staumauer seit Ende der 1960er Jahre tut. Wäre das Halbrund nicht von Zeit zu Zeit in Bewegung, könnte es den Zweck einer Boje erfüllen und eine Stelle im Stausee markieren. Doch das flache Volumen nähert und entfernt sich immer wieder dem Ufer und der Staumauer und weckt Assoziationen an ein auftauchendes U-Boot oder an eine Raumkapsel, die auf dem alpinen Gewässer Halt macht. Tatsächlich hat Jürg Stäuble das minimalistische Objekt im Rahmen von «Arte Albigna» im See installiert. Als autonomes Gebilde erscheint es zunächst rational mathematisch. Durch seine Präsenz im Albigna-See überwindet es jedoch diese zugrunde gelegte Logik und wird zur sinnlichen und irritierenden Erfahrung, zur Reflexion über die Gestaltungskräfte der Natur und des Menschen.